Private Krankenversicherung
Die Leistungen einer private Krankenversicherung und die Unterschiede zur gesetzlichen Krankenversicherung
Soll ich mich privat krankenversichern oder lieber gesetzlich? Vor dieser Frage stehen heute nicht nur Selbständige, sondern immer mehr auch Arbeitnehmer bis zum Berufsanfänger. Denn die privaten Krankenversicherungen ("PKV") locken mit Beiträgen, die oft weit unter denen der gesetzlichen Krankenversicherungen ("GKV") liegen. Von den Außendienstmitarbeitern, die dann ständig anrufen und einen Termin haben wollen, damit man endlich abschließt, kann man wohl kaum eine neutrale, objekte Beratung erwarten. Was bleibt, ist meistens die Frage: Was ist denn jetzt wirklich der Unterschied zwischen privater Krankenkasse und gesetzlicher Krankenkasse?
Unterschiede zwischen privater Krankenkasse und gesetzlicher Krankenkasse:
- Familienangehörige der Mitglieder ohne eigenes Einkommen sind in der GKV beitragsfrei mitversichert. Bei der PKV ist für jede versicherte Person ein separater Beitrag fällig.
- Die Beiträge richten sich bei der GKV prozentual nach dem Arbeitsentgelt (Lohn, Gehalt, Provision, ...) bis zur Beitragsbemessungsgrenze. Bei der PKV wird der Beitrag nach dem persönlichen Krankheitsrisiko (Alter, Geschlecht, Beruf, Gesundheitsstatus) berechnet.
- Gut verdienende Alleinstehende erhalten in der PKV in der Regel günstigere Tarife als in der GKV.
- Es kommt vor, dass Privatversicherte beim niedergelassenen Arzt (z.B. separate Sprechstunden für Privatversicherte) und im Krankenhaus (z.B. Einzelbettzimmer) bevorzugt behandelt werden.
- Einige Leistungen werden von der GKV im Gegensatz zur PKV nicht oder nur teilweise bezahlt (z.B. nicht rezeptpflichtige Arzneimittel, Sehhilfen, Zahnersatz).
- Alle Versicherten haben in der GKV bei gleichem Status den gleichen Leistungsanspruch
- Die GKV ist abhängig vom Sozialgesetzbuch, d.h. die Politik kann die Leistungen jederzeit beschränken bzw. einzelne Leistungen ganz streichen (Staatsmedizin, Planwirtschaft).
- Klagen gegen eine GKV ist vor den Sozialgerichten kostenfrei
- PKV-Versicherte können nicht jederzeit zurück in die GKV. Sie müssen noch unter 55 jahre alt sein und ihr Einkommen muss wieder unter die Beitragsbemessungsgrenze gesunken sein.
- PKV-Versicherte können bei Unzufriedenheit nur mit erheblichen finanziellen Nachteilen zu einem anderen PKV-Unternehmen wechseln, weil sie älter wurden, evtl. inzwischen Krankheitsvorfälle hatten und ihre Altersrücklage nicht angerechnet erhalten.
- PKV-Versicherte können hohe Beitragssteigerungen vielfach nur durch Reduktion ihrer Leistungsansprüche abmildern.
Leistungen der privaten Krankenversicherung
Auch wenn die Leistungen der PKV je nach Gesellschaft und Tarif variieren, werden i. d. R. einige Maßnahmen erstattet, die von der GKV gar nicht oder nur zum Teil übernommen werden. Ausschlaggebend ist immer die medizinische Notwendigkeit einer Behandlung bzw. einer Medikation.
Versicherbar ist (je nach Tarif):
- Ein- oder Zweibett-Zimmer bei stationärer Behandlung
- Freie Wahl der Klinik
- Behandlung durch den Chefarzt
- Zahnersatz (Hochwertige Kronen, Füllungen und Prothesen)
- Kieferorthopädische Behandlungen
- Sehhilfen (Brillen, Kontaktlinsen)
- Alternative Behandlungsmethoden und Medikamente
- Zuzahlungsfreie Massagen und Physiotherapie
- Befreiung von der Zuzahlung bei Medikamenten
- Krankenkassenvergleiche
Darüber hinaus werden privat Versicherte z.T. von einer bevorzugten Behandlung profitieren, was zum einen daran liegt, dass Ärzte für ihre Leistungen höhere Sätze berechnen dürfen, zum anderen gelten bei Privatpatienten nicht die Verordnungsvorschriften und Budgets der gesetzlichen Krankenversicherung.
Zulassungsvoraussetzungen zur PKV
Bei der privaten Krankenversicherung (PKV) können sich Arbeitnehmer und Angestellte versichern, deren Einkommen über der Versicherungspflichtgrenze liegt. Seit 2003 unterscheidet sich dieser Wert von der Beitragsbemessungsgrenze. Beamte, Selbständige und Freiberufler sind unabhängig von der Einkommenshöhe von der Krankenversicherungspflicht befreit und können zwischen PKV und gesetzlicher Krankenversicherung (GKV) frei wählen. Das gilt nicht für freiberuflich tätige Künstler und Journalisten, die über die Künstlersozialkasse wie Arbeitnehmer bis zur Versicherungspflichtgrenze in der GKV versichert sind.
Die Beiträge der privaten Krankenversicherung
Die PKV erhebt im Gegensatz zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) dem individuellen Risiko entsprechende Versicherungsprämien, d.h. geschlechts- und altersabhängig, aber auch abhängig vom Gesundheitszustand bei Beginn der Versicherung. Hat der Antragsteller eher leichte Vorerkrankungen (z.B. Übergewicht, erhöhter Blutdruck), dann kommt ein Risikozuschlag oder Leistungsausschluß in Betracht, der auf den Kostenverlauf einer Vergleichsgruppe abzielt. Hat der Antragsteller eher schwere oder unberechenbare Vorerkrankungen (für die keine genügend große Vergleichsgruppe existiert), dann wird der Antrag auf private Krankenversicherung in der Regel abgelehnt.
Die Prämie beinhaltet weiterhin Beiträge, die vom Versicherer angespart werden. Diese gesetzlich vorgeschriebenen sogenannten Alterungsrückstellungen werden dafür verwandt, die steigenden Kosten aufgrund des Älterwerdens der versicherten Person zu decken. Der Gesamtbeitrag der Person soll also nicht steigen, weil sie älter wird, sondern nur aufgrund des medizinischen Fortschritts und der allgemeinen Kostensteigerung und der Verschlechterung des Versichertenbestands in der gleichen Tarifgruppe. Derzeit können in Deutschland Alterungsrückstellungen nicht zum nächsten Krankenversicherer "mitgenommen" werden. Daraus resultiert, dass es effektiv keinen Wettbewerb um Bestandskunden einer privaten Krankenversicherung gibt, der Versicherer hat also ein Monopol auf den Versicherungsnehmer. Aus dem Monopol auf den Versicherungsnehmer und dem mangelnden Wettbewerb um Bestandskunden folgt, dass Wettbewerb um Versicherungsnehmer lediglich bei Neukunden möglich ist. Diese werden von vielen privaten Krankenversicherungsunternehmen mit im Verhältnis zur gesetzlichen Krankenversicherung sehr günstigen und im Verhältnis zur anderen privaten Krankenversicherungen immer noch günstigen Tarifen angeworben. Grundsätzlich ist der private Versicherungsschutz umfangreicher als die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Günstigkeit solcher Tarife erklärt sich dadurch:
- Der Tarif wird "frisch aufgelegt", d.h. mit einem Versichertenbestand von 0.
- Der Tarif wird stark in bestimmten Zielgruppen umworben, sodass besonders gesunde Versicherte den Versichertenbestand ausmachen.
- Wegen der Gesundheit der Versicherten sind die Kosten für das Versicherungsunternehmen und damit auch die Beiträge für die Versicherten sehr günstig.
- Wegen den daraus resultierenden niedrigen Beiträgen lässt sich gut für den Tarif werben.
- Nach einigen Jahren steigen die Kosten, weil der meist junge Versichertenbestand älter wird. Die Beiträge steigen. Der Tarif wird damit unattraktiv für Neuzugänge.
- Das Versicherungsunternehmen legt einen anderen neuen Tarif "frisch auf". Zukünftig wird nach bekanntem Muster der neue Tarif beworben, der alte jedoch nicht mehr und erhält so gut wie keine Neuzugänge mehr.
- Die älter und kranker werdenden Versicherten bleiben immer mehr unter sich.
Seriöse und renommierte Unternehmen verfahren allerdings nicht so. Es ist somit darauf zu achten, dass man ein Unternehmen nebst Tarif wählt, welcher bereits seit Jahrzehnten am Markt ist. In jedem Fall gibt es einen gesetzlich vorgeschriebenen "Standardtarif", der sich an den Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse orientiert und in den der Versicherte wechseln kann, wenn er älter als 55 Jahre ist und seit mindestens 10 Jahren bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert ist. Aus diesem Grund ist bereits bei Antragstellung eine Wahl des Versicherungsunternehmens sehr wichtig. Versicherungsunternehmen der Rechtsform Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit sind weniger anfällig für ein solches "Tariffeuerwerk" als Versicherungsunternehmen der Rechtsform Aktiengesellschaft, da erstere ihre Gewinne nur an die Versicherten selbst auszahlen, mithin für das Unternehmen kein Vorteil aus einem solchen "Tariffeuerwerk" entsteht. Bei Antragstellung sollte man darauf achten, wie oft das Versicherungsunternehmen in der Vergangenheit neue Tarife aufgelegt hat und wieviele Tarife es überhaupt im Versicherungsunternehmen gibt.
Entsprechend dem versicherungsmathematischen Grundsatz des individuell risikogerechten Beitrages muss im Gegensatz zur GKV in der PKV jedes Familienmitglied mit eigenem Beitrag versichert werden. Es gibt keine beitragsfreie Familienversicherung. Man muß beachten, dass in der Privaten Krankenversicherung eine nicht einseitig vom Versicherer änderbare zivilrechtliche Vertragsbindung besteht. In der gesetzlichen Krankenkasse dagegen kann der Gesetzgeber die Leistungen beliebig reduzieren. Beitragserhöhungen finden dann insbesondere durch Leistungsausschlüsse (aktuell: Brille, Praxisgebühr, Ausschluss rezeptfreier Medikamente) statt. Gleichzeitig nimmt der Versicherte der gesetzlichen Krankenkasse am technischen Fortschritt teil (z.B. technische Hilfsmittel). In der PKV sind technische Neuerungen durch den Vertrag häufig nicht abgedeckt (Verträge laufen teilweise 40 bis 50 Jahre).
Grundsätzlich steigen die Kosten im Gesundheitssystem. Die PKV ist durch Alterungsrückstellungen, gesetzlichen Zuschlag, Standardtarif und Vertragsfreiheit (Selektion großenteils gesunder Versicherter) prinzipiell besser auf den demographischen Wandel vorbereitet als die GKV. Solange jedoch Leistungen im geringerem Maße eingeschränkt werden als bei der gesetzlichen Versicherung, steigen die Beiträge bedingt durch den medizinischen Fortschritt steiler an. Das wichtigste Kriterium bei der Wahl einer PKV ist die Beitragsstabilität. Denn sobald eine ernste Erkrankung auftritt, ist ein Wechsel i.d.R. nicht mehr möglich, da man vermutlich durch den neuen Versicherer abgelehnt würde.
Zusammenfassung: Eine pauschale Empfehlung für oder gegen die private Krankenversicherung lässt sich nicht geben. Da viele Faktoren eine Rolle spielen und es meistens keinen Weg zurück gibt (aus der privaten in die gesetzliche Krankenkasse), sollte dieser Schritt auf jeden Fall gründlich überlegt und nicht nur auf der Basis der vielleicht günstigeren Beiträge getroffen werden.
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